01.12.16

Spartacus (USA 1960) – Der Held, der Star, die Geschichte

Wer mag heute berühmter sein: Spartacus? Oder Kirk Douglas?
Sicher ist, dass beide kaum noch voneinder zu trennen sind. Selbst der Sohn Michael Douglas sagt: „Mein Vater war Spartacus!“ Kaum ein Schauspieler ist in solch prägnanter Weise mit einer Rolle verwoben wie Kirk Douglas mit der des Sklavenführers Spartacus. Und kaum ein Held der Geschichte gilt als so sichere Verkörperung von Freiheitsdrang, wie der Gladiator Spartacus, der 73 v. Chr. gegen die Römer aufbegehrte.
Doch wie kam es dazu, dass der stets Helden spielende Douglas sich den größten aller Helden als Rolle sicherte? Und was wissen wir wirklich über Spartacus, den Helden, der bereit war, sein Leben für Freiheit und Gerechtigkeit zu geben?
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Biancas Blick:

Alles beginnt mit BEN-HUR.
Kirk Douglas, seinerzeit abonniert auf die Rollen der strahlenden Helden, wünscht sich nichts sehnlicher, als dieses Image mit der Figur des Judah Ben-Hur in William Wylers gewaltigem Epos unsterblich zu machen. Immer wieder bewirbt er sich mit Nachdruck für die Rolle – doch das Studio will Charlton Heston, und gegen diesen Wunsch kommt Douglas nicht an.
Da wirkt es beinahe wie ein Nachtreten, als man ihm stattdessen die Rolle des Widersachers Messala anbietet. Kirk Douglas, der Böse? Keine Chance.

In seinem Stolz verletzt, so heißt es später, habe Douglas sich in den Kopf gesetzt, es Wyler und dem Studio heimzuzahlen, und sie mit seinem ganz eigenen historischen Epos zu übertrumpfen.
Die Ambitionen sind also nicht klein, als man Douglas den Roman „Spartacus“ von Howard Fast als Filmstoff anbietet. Er ist er sofort Feuer und Flamme und macht sich als ausführender Produzent an die Realisierung des Stoffes.
Und wirklich steht die Story dem Racheepos BEN-HUR in nichts nach.

Der thrakische Sklave Spartacus wird zum Tod durch Verhungern verurteilt, als er einem anderen Sklaven helfen möchte. Als der Betreiber einer Gladiatorenschule in Capua ihn bei der Arbeit im Steinbruch sieht, ist er von dessen körperlichen Verfassung und seinem edlen Charakter beeindruckt und kauft ihn für sich frei. In der Gladiatorenschule allerdings werden die Sklaven erniedrigt, gequält regelrecht abgerichtet für die blutigen Kämpfe in den großen Arenen. Nachden Spartacus in der Arena einen Freund verloren hat und seine Frau Varinia als Sklavin weiterverkauft wird, rebelliert er und schafft es innerhalb weniger Jahre, ein gigantisches Sklavenheer aufzubauen, mit dem er schließlich gegen Rom zieht. Obwohl sein Heer weitaus weniger Mann hat als das Roms, kann Spartacus wichtige Schlachten gewinnen. Doch als Tigranes, ein wichtiger Verbündeter, ihn im Stich lässt und 500 zugesagte Kriegsschiffe nicht entsendet, und sich alle Legionen Roms unter Crassus, Lucullus und Antonius zusammenschließen, ist Spartacus' Schicksal besiegelt. 5000 gefangengenommene Sklaven werden entlang der Via Appia gekreuzigt, unter ihnen auch Spartacus. Seine Frau Varinia kann fliehen und wird mit dem gemeinsamen Kind nun in Freiheit leben.

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Der Weg ist geebnet


SPARTACUS ist eines der größten Leinwandepen, die Ende der 50er Jahre konzipiert werden, der Blütezeit der großen Dramen mit gewaltiger Überlänge. 

Seit 1955 produziert Douglas seine Filme selbst, um möglichst großen künstlerischen Einfluss auf deren Entwicklung zu haben. Seine bekanntesten Werke als Produzent sind bis dahin WEGE ZUM RUHM, DIE WIKINGER und FREMDE, WENN WIR UNS BEGEGNEN. Selbstverständlich spielt er in all seinen bis dato produzierten Filmen immer auch die Hauptrolle.
Douglas selbst ist zu diesem Zeitpunkt einer der größten Kassenmagneten Hollywoods, mit drei Oscarnominierungen als Bester Hauptdarsteller, einer immer weiter andauernden Erfolgssträhne und daher sehr einflussreich. Er sagt, was wie zu laufen hat, besetzt, kündigt und konzipiert neu. Ein Workaholic und Antreiber.
Als Budget für den dreistündigen SPARTACUS kann Douglas die damals unglaubliche Summe von 12 Millionen Dollar zusammenbringen!

Das Ende der schwarzen Liste


Wie ehrgeizig Douglas ist, und wie sehr es ihm egal sein kann, was der Rest Hollywoods über ihn denkt, erkennt man daran, dass er für das Drehbuch einen der besten Schreiber Hollywoods will – den er jedoch gar nicht beschäftigen dürfte. Niemand geringeres als Dalton Trumbo soll das Script verfassen. Doch Trumbo steht seit Dezember 1947 auf Hollywoods Schwarzer Liste steht und hat damit eigentlich Berufsverbot.
Das Komitee für Unamerikanische Umtriebe wird 1934 ursprünglich zur Bekämpfung nationalsozialistischer Unterwanderung gegründet. Doch bald wird es auf Kommunisten, Japaner und Trotzkisten angesetzt. Selbst wenn es nur vermeintliche sind. Dank der Aussagen nichtkommunistischer Filmschaffender wie etwa Walt Disney wird eine insgesamt 100 Namen umfassende Liste von Künstlern erstellt, denen die Arbeit untersagt wird, damit sie keine kommunistische Propaganda in ihre Filme einbauen können.

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Dalton Trumbo ist mit neun anderen (die „Hollywood Ten“) einer der ersten, die vor das Komitee geladen werden, weil sie sich weigern, Kollegen zu verraten. Dafür nimmt er sogar eine mehrmonatige Haftstrafe auf sich. Nachdem er auf der Schwarzen Liste landet, eine Art freiwiligge Selbstkontrolle Hollywoods, die vermeintliche Kommunisten von der Arbeit ausschließt, arbeitet Trumbo unter verschiedenen Pseudonymen als Drehbuchautor weiter, um sich und seiner Familie den Lebensstandard erhalten zu können und heimst sogar Oscars für EIN HERZ UND EINE KRONE und ROTER STAUB ein. Doch in den sogenannten „Credits“ taucht er namentlich nicht auf.
(Ein kleiner Redaktionstipp sei hier erwähnt: Der Film TRUMBO mit Bryan Cranston in der Hauptrolle zeichnet Dalton Trumbos Jahre des Berufsverbots sehr fein und pointiert nach und sei jedem Interessierten wärmstens ans Herz gelegt.)
 
Douglas weiß um Trumbos Talent, und schert sich wenig um eine mehrere Jahre alte Liste der politischen Hexenjagd. Und Trumbo wird ihn nicht enttäuschen: Er liefert pünktlich ein umfangreiches Script ab, doch kommt es mit Douglas immer wieder zu heißen Diskussionen um Inhalte und Gespräche der Protagonisten, die Trumbo nahezu verzweifeln lassen. Selbst am Heiligabend, so erzählt es Trumbo, steht Douglas mit Änderungswünschen bei ihm vor der Tür und fordert eine Scriptbesprechung unter vier Augen ein.
Der Lohn aber ist gewaltig für den gechassten Autor. Denn am Ende zwingt Douglas dem Studio seinen Willen auf: Kein Pseudonym, sondern Dalton Trumbo selbst soll als verantwortlicher Autor im Film genannt werden. Und auch Regisseur Stanley Kubrick setzt sich vehement dafür ein. Am Ende prangt tatsächlich Trumbos Name auf der Leinwand – eine Entscheidung mit Signalwirkung. Erstmals hat eine große Produktion sich offen über die Schwarze Liste hinweggesetzt und einen verbotenen Künstler beschäftigt. Innerhalb kürzester Zeit folgen ihnen weitere Produktionen nach, und immer mehr Künstler dürfen wieder offen arbeiten – die Schwarze Liste verliert ihre Macht und wird schließlich abgeschafft.

Hedda Hopper und John Wayne, zwei Galionsfiguren der politischen Rechten in Hollywood, bezeichnen den Film unter anderem aufgrund dieser Tatsache als „Marxistische Propaganda“ und rufen zum Boykott auf.
Trumbo darf im Nachhinein seine beiden unter einem Pseudonym gewonnenen Oscars offiziell entgegennehmen und wieder als Drehbuchautor unter eigenem Namen fungieren.

Ein (fast) unbeschriebenes Blatt auf dem Regiestuhl


Stanley Kubrick, heute aus den Annalen der Filmgeschichte nicht mehr wegzudenken, ist 1959 noch ein relativ unbeschriebenes Blatt. Seine ersten drei Filme, FEAR AND DESIRE, DER TIGER VON NEW YORK und DIE RECHNUNG GING NICHT AUF, sind beachtenswerte Werke, die aber keine große Aufmerksamkeit erhalten. Erst als Kubrick 1957 die Regie zu WEGE ZUM RUHM übernimmt, wird die Filmwelt auf ihn aufmerksam. Es ist Produzent und Hauptdarsteller Kirk Douglas, der ihm die Regie anvertraut. Douglas ist überzeugt, dass Kubrick mit seiner düsteren, film-noir-behafteten Hand die Parabel auf sinnlose Herrschaftsstrukturen und das Bekenntnis gegen die Todesstrafe perfekt umsetzen kann. Und er soll Recht behalten. WEGE ZUM RUHM lässt Kubrick auf dem Radar der internationalen Filmwelt erscheinen und etabliert Douglas als Schauspieler in dramatischen, realitätsbezogenen Rollen und als smarten Produzenten.

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Zwei Jahre später wendet sich Douglas erneut an Kubrick und bittet ihn, für den gerade gefeuerten Anthony Mann einzuspringen, mit dem er sich bei der Arbeit an SPARTACUS überworfen hat. Zwar fragt Douglas zuvor noch Laurence Olivier, der bereits als Crassus gecastet ist, doch der lehnt ab, da ihm die Doppelbelastung als Schauspieler und Regisseur nicht erstrebenswert erscheint.
Kubrick nimmt das Angebot an – doch beide, er und Douglas, werden das Arrangement am Ende bitter bereuen. Zwar wird der Film ein immenser Erfolg, doch Douglas erweist sich, was SPARTACUS betrifft, als Kontrollfreak und überlässt Kubrick keine künstlerische Freiheit, wie er es ihm bei WEGE ZUM RUHM noch zugestanden hat. Ebenso wie Trumbo empfindet Kubrick Douglas' stetige Einmischungen als störend und hemmend.
Zumal Kubrick ein Sturkopf ist, der sich nicht scheut, seinem Produzenten offen ins Gesicht zu sagen, wenn ihm etwas nicht passt. Als Douglas seinen Regisseur nach einer Testvorführung am Set fragt, was er von der „Ich bin Spartacus!“-Szene hält, erklärt ihm Kubrick vor dem gesamten Filmteam, dass die Szene dumm sei. Wutentbrannt schreit Douglas auf Kubrick ein und jagt ihn vom Set.

Dennoch bringt Kubrick die für ihn historisch notwendige blutige Realität in den Film ein, besonders in den Schlacht-, Kreuzigungs- und Kriegsszenen. Eine Brutalität, wie sie das Kinopublikum bis dahin noch nicht gesehen hat. Das wird auch für Douglas zur Nervenprüfung. So soll er in einer Szene einem Feind den Arm abschlagen. Es ist ein künstliches Glied, das ein Komparse mit amputiertem Arm trägt, doch das Schwert, das Douglas schwingt, ist überaus echt. Er hat eine exakt festgelegte Stelle, an der er den künstlichen Arm treffen muss, um den komparsen nicht zu verletzen. Beim ersten Take trifft er und weigert sich anschließend vehement, einen zweiten Take einzuspielen.

Am Ende wird der Film nur ab 16 freigegeben und erst in einer späteren Neubewertung auf 12 Jahre herabgestuft. Er vermittelt den Zuschauern gekonnt einen Eindruck der berühmten Revolution im alten Rom und wird dafür gleichermaßen gefeiert und gerügt.
Was ebenfalls in die Altersfreigabe hineingespielt haben mag, ist die Tatsache, dass Jean Simmons nackt in einem Teich badet, und ihre bloßen Brüste zu sehen sind. Dass die Szene überhaupt durch die Zensur kommt, mag damit gerechtfertigt sein, dass es ihr Ehemann ist, der sie so sieht, und die anschließende Sexszene nur angedeutet wird.

Kubrick ist nun ein Regiestar und wird gleich mit seinem nächsten Film einen Skandal auslösen. Er hat aus dem Debakel mit Douglas gelernt, und wird nie wieder einen Film drehen, bei dem er nicht die vollkommene künstlerische Freiheit erhält. 1962 kehrt er mit LOLITA also zu seinen Wurzeln zurück und liefert einen der meistdiskutierten Filme seiner Zeit ab, setzt er sich doch, wie Nabokovs Roman, zügellos mit der sexueller Obsession und Parthenophilie auseinander.

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Und obwohl SPARTACUS immer Kubricks erfolgreichster Film bleiben wird, streicht er selbst ihn konsequent aus seiner Vita und seinem Kanon – zu wenig fühlt der Film für ihn selbst sich nach einem Kubrick an. Und tatsächlich – wer Kubricks Filme kennt, wird SPARTACUS, bei allem Lob, immer als einen Fremdkörper in dieser Vita empfinden.
Eine Zusammenarbeit zwischen Kubrick und Douglas wird es nie wieder geben.

Tricks für einen beeindruckenden Cast


Douglas weiß, dass er mit SPARTACUS einen erfolgreichen Film abliefern muss. Die Kosten sind immens, und daher beschließt er, ihn mit dem „Who is Who“ der Leinwandstars seiner Zeit zu schmücken. Laurence Olivier, Tony Curtis, Peter Ustinov und Charles Laughton schweben ihm vor, um nur einige zu nennen.
Damals ist es, schlimmer noch als heute, jedoch undenkbar, dass große Stars kleine Rollen zu spielen bereit sind. Da aber alle Rollen, die nicht den Namen Spartacus tragen, Nebenrollen sind, greift Douglas zu einem Trick: Er lässt den potenziell in Frage kommenden Kollegen jeweils abgeänderte Drehbuchseiten zukommen, die den Eindruck vermitteln, die zu spielende Rolle sei weitaus größer und bedeutender, als sie in Wahrheit ist. Der Bluff klappt in den meisten Fällen, und sind die Verträge erst einmal unterschrieben, ist es teuer und umständlich, sich aus ihnen herauszukaufen. So versammelt sich neben Douglas eine illustre Starriege, die den Film gekonnt zum Erfolg führt.

Manche der Stars sorgen mit ihrer Perfektion jedoch auch für Unruhe. So etwa Laurence Olivier, der immer um eine authentische Rollenwiedergabe bemüht ist. Er recherchiert, so will es die Legende, über das Leben der Römer und findet heraus, dass diese ohne Sattel ritten. Um dies glaubhaft darzustellen, trainiert er, ohne Sattel zu reiten, und weigert sich auch am Set, einen Sattel zu benutzen. Doch die Bilder sind unbrauchbar: Olivier rutscht und wackelt unkontrolliert auf seinem Pferd herum, selbst bei langsamen Bewegungen. Als genau das den Drehplan zurückwirft, macht Kubrick Nägel mit Köpfen, und zwingt Olivier, die Großaufnahmen zu Pferd auf einer Leiter sitzend zu absolvieren.

Andere Rollen bereiten Douglas größere Probleme, so etwa die von Spartacus' Frau, Varinia. Ingrid Bergman, Jeanne Moreau und Elsa Martinelli werden angefragt, am Ende aber erhält die Deutsche Sabine Bethmann die Rolle. Wenn niemandem der Name etwas sagt, dann liegt das daran, dass es zu solch schwerwiegende Differenzen zwischen Bethmann und Douglas kommt, dass Douglas kurzerhand beschließt, Bethmann durch Jean Simmons zu ersetzen.

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Eine andere Version besagt, dass Simmons schon vorher an der Rolle interessiert gewesen sei, von Douglas aber abgelehnt wird, da nur die Figuren der Römer einen englischen Akzent haben sollen. Sobald Kubrick am Set erscheint, wirft er Bethmann jedoch raus, und besetzt Simmons.
Wie es nun auch war – umbesetzen, konzipieren, bestimmen, kontrollieren, lenken und leiten – das sind Kirk Douglas‘ Tätigkeiten hinter den Kulissen.

Homosexualität war tabu


Kennt man sich in der römischen Geschichte etwas aus, weiß man, dass homosexuelle Beziehungen unter den Römern keine Seltenheit waren. Und so bemüht sich auch SPARTACUS zumindest um die Andeutung selbiger.
In einer Szene kommt es zu einem eindeutigen Angebot Crassus' dem jungen Sklaven Antonius gegenüber. Tony Curtis, der Antonius spielt, sagt dazu, dass sie die Szene damals ohne Ton gedreht haben, da allen Beteiligten klar war, dass sie es nicht durch die Zensur schaffen würde. Es kam wie befürchtet: Die Zensur beklagte die gleichgeschlechtliche Tändelei und ließ sie kurzerhand rausschneiden. Dabei hatten beide, Curtis und Olivier, sich ordentlich im Gym abgestrampelt, um ihre gestählten Oberkörper ansprechend präsentieren zu können. (Wobei es diese Oberkörper auch im Rest des Films ausreichend zu bewundern gibt.)
In der restaurierten Fassung von 1989 ist die Tändelei jedoch als Bonus eingefügt. Darin spricht Sir Anthony Hopkins Oliviers Rolle, da dieser bereits verstorben war und Tony Curtis spricht Antonius. Noch heute ärgert sich Douglas über den Schnitt in der Urfassung: “In der ursprünglichen Version von prüden Zensoren geblockt, erstrahlt diese filmgeschichtliche Szene in der restaurierten Fassung nun im neuen Glanz als unerwarteter Bonus. Diese Szene zwischen Tony und Larry war so schön – einfach schön. Was wir ursprünglich drehten, wurde zensiert. Doch Gott sei Dank ist es nun restauriert im Film enthalten.”

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Ich bin Spartacus!


SPARTACUS kommt am 6. Oktober 1960 in die amerikanischen Kinos und wird auf Anhieb ein großer Erfolg, der bis heute weit über 100 Millionen Dollar einspielt. Der Film wird für sechs Oscars nominiert und erhält vier Preise für die Beste Männliche Nebenrolle (Peter Ustinov), die Beste Farb-Kamera, das Beste Set-Design und das Beste Kostüm.
Kirk Douglas beschreibt SPARTACUS als Liebesfilm: „Die Liebe durchzieht den gesamten Film: zwischen Varinia und Spartacus, die Liebe der Männer zueinander, die gesamte Revolution beruhte auf der Liebe zur Freiheit und der Liebe nach Menschlichkeit.“

All das bündelt sich in der wohl emotionalsten Szene des Films, als Spartacus' Heer sich schützend vor ihn stellt. Eine Szene, die bis huete nachhallt und immer wieder rezitiert wird.

Kubrick etwa ist von dem Erfolg seines Films wenig beeindruckt und gedenkt ihm auf seine Weise: In seinem nächsten Film, LOLITA, baut er eine Szene ein, in der Humbert erstmals auf Quilty trifft, und fragt: „Bist du Quilty?“, woraufhin dieser antwortet: „Nein, ich bin Spartacus. Bist du hier, um die Sklaven zu befreien?“ Eine mehr als deutliche Anspielung auf die unerfreulichen Drehbedingungen und die so ikonische Szene.

Den wohl berühmtesten Verweis auf den emotionalen Höhepunkt von SPARTACUS liefern Monty Python in ihrer Parodie auf Sandalenfilme, DAS LEBEN DES BRIAN. Nachdem erlassen wird, dass Brian vom Kreuz genommen werden soll, fragt der überforderte Legionär herum, welcher der Verurteilten Brian wäre. Der jedoch ist gerade am schimpfen, und so nutzt sein Kreuznachbar die Gelegenheit für einen kleinen Jux. Was folgt, ist eine der legendärsten Szenen der Komikertruppe.

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Auch Pepsi macht sich die Szene 2005 in einem Werbespot zu eigen.
FAMILY GUY findet schließlich in der 10. Folge der 10. Staffel eine Möglichkeit, wie Peter Griffin sich in die Szene einbringen kann und unterstreicht mit der Szene ihre inzwischen popkulturelle Bedeutung.

2004 erscheint eine Neuverfilmung von Robert Dornhelm und erhält eher zurückhaltende Kritiken.
Sechs Jahre später wird mit SPARTACUS: BLOOD AND SAND die erste vond rei Staffeln einer Fernsehserie realisiert, der, als der Hauptdarsteller erkrankt, mit SPARTACUS: GODS OF THE ARENA eine Prequel-Staffel hinzugefügt wird.

Was bleibt?


Man mag streiten, ob Douglas sein Ziel erreichen konnte, BEN-HUR zu übertrumpfen. Und doch ist SPARTACUS noch heute, 56 Jahre nach seinem Erscheinen, nicht nur einer der bekanntesten Filmklassiker der Welt, der feste Wurzeln in der Popkultur geschlagen hat, sondern es ist der Film, der die gesamte Karriere des Kirk Douglas auf ein Werk einzudampfen scheint. Unter all den Helden der Kinoleinwand ist es Douglas gelungen, sich mit seinem Spartacus einen Ehrenplatz zu sichern.
Und kein Film zeigt besser als SPARTACUS, was Douglas zu tun bereit war, um diesen Platz zu erringen. Die Art, wie Douglas sein Epos einer Sklavenrevolte auf die Leinwand brachte, macht viel von dem sichtbar, was Douglas als Künstler, aber auch als Mensch ausgezeichnet hat.
Denn derart perfektionistisch, kontrollierend, professionell und idealistisch geht Douglas nicht nur an diesen Film heran. Und doch erkennt hier besonders gut, weshalb er einer der führenden Künstler seiner Zeit ist und weshalb Hollywood, bis heute, vor ihm erzittert.


Marcos Blick:

Man muss es ihnen lassen: Heute ist das Publikum deutlich kritischer geworden, was Filme angeht, die auf „wahren Begebenheiten“ beruhen, als das 1960 noch der Fall war.
Experten wussten natürlich damals schon, dass die historischen Schinken auf den Leinwänden es mit der Wahrheit nicht immer ganz genau nahmen, sie wussten aber auch, dass das Kino Zugeständnisse machen musste, wenn es unterhalten und schöne Bilder haben wollte. Die Anekdote mit Laurence Oliviers Sattelfetisch macht das deutlich: Wer zu sehr auf historischen Tatsachen beharrt, reitet am Ende eben auf einer Leiter.

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Nichtsdestotrotz sammeln sich bis heute die Listen von Filmfehlern, die SPARTACUS begeht. Julius Caesar kommandierte die Prätoriengarde? Tat er nie, auch, weil sie zu Spartacus' Zeiten noch gar nicht existierte. Varinia (eine völlig erfundene Figur) stammt, wie man am Akzent vernimmt, aus England? Unmöglich, die britischen Inseln waren noch nie von einem Römer betreten worden. Crassus wurde auch nie Diktator. Und Spartacus nicht in die Sklaverei geboren, sondern als ungehorsamer Soldat dazu verurteilt. Und, und, und.

Ebenfalls, und jetzt wird es langsam interessant, gibt es keinen Hinweis darauf, dass Spartacus tatsächlich am Kreuz starb. Alle Quellen sprechen davon, dass er in der Schlacht starb. Mal mehr, mal weniger heroisch, aber immer umringt von Feinden, von denen er etliche noch mit in den Tod nahm.

Die Wahrheit und wie sie in die Welt kam


Woher aber wissen wir das eigentlich?

Spartacus gilt bis heute als eine der populärsten und bekanntesten Persönlichkeiten der Römischen Geschichte, nicht zuletzt durch die zahlreichen, oft beliebten Verfilmungen. Dabei leitete er bereits den dritten großen Sklavenaufstand (die anderen beiden waren weniger attraktiv, scheint es), und mit Sicherheit wird er nicht, wie im Film, aufklärerische Parolen von Menschenwürde und Freiheitsdrang von sich gegeben haben, sondern eher eine Art bewaffneten Generalstreik angeführt haben, um die Lebensbedingungen der Sklaven zu verbessern, und vielleicht ein wenig Machstreben ausleben zu können.

Doch es ist die Grundgeschichte, die in unserer heutigen, liberalen Zeit ihren Reiz ausstrahlt: Sklaven, die sich gegen ihre Herrscher erheben, sie vorführen, und im ewigen Drang nach Frieden und Freiheit schließlich von den Unterdrückern besiegt und grausam bestraft werden. Ein heroisches Epos vom Kampf des Guten gegen das Böse in dem, so will es die Geschichte, das Böse ausnahmsweise einmal obsiegt.

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Überhaupt scheinen die Rollen von Gut und Böse schnell und sauber aufgeteilt, und die Tatsache, dass die Geschichte immer wieder gleich erzählt wird, verleiht ihr eine unglaubliche Historizität (so nennen Historiker das, wenn etwas wirklich so geschehen ist).

Doch gerade am Beispiel des Spartacus lässt sich hervorragend aufzeigen, dass Historiker oftmals enorme Schwierigkeiten haben, zu benennen, was überhaupt historische Fakten sind.

Denn was wir über Spartacus wissen, und was etliche Verfilmungen in unserem kulturellen Gedächtnis verfestigt haben, wissen wir aus lediglich drei Quellen.
Und diese drei Quellen bergen zwei Hauptprobleme in sich. Zum einen, dass keine davon zeitgenössisch ist. Sie alle schildern den Spartacus-Aufstand aus teilweise weit über einem Jahrhundert Abstand. Auch ist keine davon länger als eine Seite. Man stelle sich nur einmal vor, dass eine heute geschriebene, einseitige Zusammenfassung die einzige Quelle zukünftiger Historiker über den Ersten Weltkrieg wäre …
Zum anderen stellt man fest, dass die Quellen sich in etlichen Details zum Teil erheblich widersprechen. Hinzu kommt, dass die beiden Hauptquellen, die Berichte von Appian und Plutarch, offensichtlich stark fiktionalisiert sind und ganz unterschiedliche Schwerpunkte setzen, während die dritte Quelle, von Florus, extrem gestrafft und detailarm ist.

Die Erzähler


Es ist also schwierig, zu sagen, was im Falle von Spartacus nun konkrete Fakten sind und was nicht. Um das Problem zu verdeutlichen, lohnt es sich, einen kurzen Blick auf die vorhandenen Quellen zu werfen. Keine Bange, es sind nur drei, und wir werden nicht wissenschaftlich. Wir müssen allerdings, in Kürze, auf die drei Autoren zu sprechen kommen, deren Berichte über Spartacus uns überliefert sind.

Da wäre zum einen Plutarch mit seinem Werk „Crassus“, in welchem er das Leben und Wirken des römischen Politikers Marcus Licinius Crassus wiedergibt, der Spartacus' Truppen schlussendlich besiegt haben soll (eine fiktionalisierte Version der Figur wird im Film von Laurence Olivier gespielt).

Die zweite Hauptquelle stammt von Appian, der in seinem Werk „Bürgerkriege“ eine historische Wiedergabe des Aufstandes zusammenfasst.

Die dritte große Quelle erhalten wir von Florus, der in seinem Werk „Römische Geschichte“ über Spartacus erzählt.

Plutarch erweist sich als der früheste der drei Historiker. Der Grieche wurde etwa um 45 n.Chr. in Chaironeia geboren (also satte 115 Jahre nach dem Ende des Spartacus-Aufstands). Er entstammte einer reichen Oberschichtsfamilie, reiste viel und studierte in Athen Philosophie, bevor er in seine Heimat zurückkehrte, dort etliche politische Ämter bekleidete und eine private Philosophieschule betrieb.
Das Römische Reich befand sich zu dieser Zeit auf dem Höhepunkt seines Ausdehnungsbereichs, und hatte sich auch Griechenland als teilautonome, von römischen Statthaltern kontrollierte Provinz einverleibt.
Plutarchs Wirken als Philosoph und Historiker war vor allem von Fragen nach Ethik und Moral und der Vermittlung moralischer Vorbilder getrieben, was sich auch in seiner Schilderung des Spartacus-Aufstands widerspiegelt.

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Appian war von griechischer Herkunft und wurde etwa um 95 n. Chr. im ägyptischen Alexandria geboren. Seine außerordentliche Bildung nutzte er für etliche politische Ämter in Alexandria, bevor er das römische Bürgerrecht erwarb und in Rom als Jurist arbeitete.
Erst in gesteigertem Alter, mit über fünfzig, begann er sein Werk „Römische Geschichte“ niederzuschreiben, das er noch vor 165 n. Chr. in 24 Bänden herausbrachte – also 200 Jahre nach Spartacus. Wie Plutarch schrieb er es auf griechisch nieder. Anders als Plutarch lag ihm vor allem daran, eine möglichst faktenreiche Geschichte zusammenzutragen, die sich weniger auf moralische Werte, und mehr auf messbare Fakten stützte, und natürlich darauf, das Römische Reich zu glorifizieren. So ist Appians Geschichtsschreibung weit weniger von Metaphern beeinflusst als die anderer Historiker. Wie auch bei Plutarch befand sich das Römische Reich noch immer auf dem Höhepunkt, was eine kritische Geschichtsschreibung deutlich erschwerte, zumal fast alle Geschichtsschreiber auch hohe Würdenträger waren, denen eine kritische Beleuchtung Roms geschadet hätte.

Florus gibt bis heute die größten Rätsel auf. Ein konkretes Geburtstdatum kennt man nicht, Hinweise und Ähnlichkeiten in Stil und Sprache legen aber den Verdacht nahe, dass der Historiker Julius Florus mit dem Dichter Annius Florus identisch sein könnte, was sein Geburtsjahr etwa um 74 n. Chr. verorten würde.
Der Historiker Florus verfasste eine recht kurze (je nach Zählung 2 bis 4 Bände) Geschichte Roms von der Gründung am Tiber bis zu Varusschlacht (ebenfalls mit dem Titel „Römische Geschichte“). Er teilte die Geschichte Roms in drei Stadien auf: Kindheit, Jugend und Erwachsenenalter. Seine Schilderungen, die er aus den Werken vorangegangener Historiker zusammentrug, weisen haufenweise geographische und chronologische Fehler auf, wurden aber im Mittelalter zu einer Hauptquelle für römische Geschichte. Vielleicht auch aufgrund ihrer überschaubaren Größe.

Allen drei Chronisten ist gemein, dass sie selbst den Spartacus-Aufstand nur aus historischen Schriften kannten. Besonders Florus ist bekannt dafür, sich stark an seinen Vorgängern bedient zu haben.

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Da die Niederschriften Plutarchs und Appians sich im generellen Ablauf (wenn auch nicht in den Details) so ähneln, vermutet man, dass sie beide sich an derselben Quelle bedient haben.

Denn, so viel weiß man heute, mindestens zwei Historiker haben sich bereits vorher mit Spartacus beschäftigt: Titus Livius, der etwa 59 v. Chr. geboren wurde, also nur knapp 15 Jahre nach Ende des Spartacus-Aufstands, sowie Gaius Sallust, dessen Geburtstag als der 1. Oktober 86 v. Chr. überliefert wird. Damit wäre er der einzige Zeitzeuge des Konflikts, wenn er auch noch ein Teenager gewesen ist.

Beide gelten als wahrscheinliche Quellen für ihre Nachfolger. Bedauerlicherweise sind die Aufzeichnungen im Falle von Livius heute gänzlich verlorengegangen. Von Sallust haben immerhin Fragmente die Zeiten überdauert, und ja, diese erwähnen auch Spartacus.

Die Erzählungen


Für die Geschichtswissenschaft sind diese Umstände deshalb so wichtig, weil sie aufzeigen, wie anfällig unser Wissen darüber ist, was während des Spartacus-Aufstands wirklich geschah. Auch über konkrete Informationen, wie etwa die Größe von Spartacus' Heer, werfen sie eher Fragen auf, als Antworten zu liefern. Man erinnere sich: Keine der Quellen ist länger als eine Buchseite.

So fliehen bei Plutarch 78 Männer aus der Gladiatorenschule, bei Appian 70 und bei Florus 30.
Auch vom Heldenmythos des Spartacus muss man sich schnell verabschieden. Appian etwa lässt Spartacus in wenig gutem Licht erscheinen, wenn er ihn Landstriche verwüsten und plündern lässt, Gefangene hinrichten und 300 gefangene Römer in „Crixus' Schatten“ opfern lässt. (Crixus ist einer seiner Anführer, im Film gespielt von John Ireland.) Auch Florus bezeichnet Spartacus und seine Männer geradeheraus als „beutegierige Monster“. Bei beiden wird Spartacus zur Gefahr, zu einem wilden Räuber und Banditen, der über Italien herfällt und nur mit Mühe gebändigt werden kann. Da ist nix mit Edelmut und Freiheitsdrang.

Einzig Plutarch lässt Spartacus ehrenhaft dastehen, etwa wenn er ihn als stolzen, kräftigen, intelligenten und herzensguten Mann beschreibt. Einen Helden eben. Ebenso gibt Plutarch die Anekdote zum Besten, wie eine Schlange auf Spartacus' Gesicht geschlafen habe, worauf seine Frau, eine Prophetin, ihm vorhersah, dass ihm eine große und furchtbare Macht zuteil würde, die jedoch zu einem unglücklichen Ende führe.

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Überhaupt ist Plutarchs Darstellung die erzählerisch detailreichste, was sich an einer Einzelanekdote besonders gut erkennen lässt, die auch hervorragend aufzeigt, wie widersprüchlich die drei Quellen sind. Denn alle drei erzählen in unterschiedlicher Form und Detailiertheit von Spartacus' Versuch, mit Schiffen nach Sizilien zu fliehen.

Plutarch zufolge ereignete sich diese Geschichte, als Spartacus auf der Höhe seines Erfolges in Richtung Alpen drängte, sein Heer also nach Norden zog. Crassus aber verwickelt das Sklavenheer immer wieder in Gefechte, und drängt Spartacus zurück, worauf dieser an der Meerenge von Lukanien (heute die Basilicata) entlang ausweichen will. Dort trifft er einige Seeräuber, mit deren Schiffen er 2000 Mann nach Sizilien überführen, und den dort erst kurz zuvor niedergeschlagenen Sklavenaufstand neu entfachen will. Die Piraten lassen sich bezahlen, betrügen Spartacus aber, und fahren ohne ihn davon. Da sein Heer festsitzt, fällt es Crassus leicht, es mit einem Wall an der Küste einzuklemmen. Doch mit einer List (und wenig Mühe) überwindet Spartacus den Wall und kann mit seinem Heer ins Landesinnere fliehen.

Bei Appian wird Spartacus' Heer von Crassus immer wieder vernichtend geschlagen und moralisch niedergeworfen. Zerstreut flieht es zum Meer hin, um nach Sizilien überzusetzen, Crassus' Heer aber überholt sie, kesselt sie ein, und umschließt sie mit einem Abwehrwall, den Spartacus nur mit Mühe und unter großen Verlusten durchbrechen kann, bevor er wieder ins Landesinnere vorstößt.

In beiden Fällen entkommt Spartacus und zieht noch ein gutes Stück ins Landesinnere weiter, bevor er schließlich von Crassus eingeholt und, mal mehr, mal weniger heroisch, den Tod im Kampf findet.

Florus hingegen verlegt die Geschichte nach Bruttium, das heutige Kalabrien im südlichsten Zipfel Italiens, und fasst sich kurz: „Hier, abgeschnitten im äußersten Winkel Bruttiums, bereit, nach Sizilien zu fliehen, aber nicht in der Lage, Schiffe aufzutreiben, versuchten sie Flöße aus Holzstämmen und Fässern, zusammengeschnürt mit Weidenruten, in die tückischen Wasser der Straße von Messina zu lassen. Als der Versuch scheiterte, machten sie schließlich einen Ausfall und fanden einen Tod würdig eines Mannes, bis zum Tode kämpfend.“

Die Lehre


Man erkennt, vor welchen Schwierigkeiten Historiker stehen, die anhand dieser Quellen darstellen wollen, wie genau sich Spartacus und sein Aufstand zugetragen haben, was genau Fakten sind, und was nicht. Und die Widersprüche der Quellen ziehen sich immer wieder durch sämtliche Details.

Interessant ist dabei, dass Plutarch Raum findet, um immer wieder beinahe Homersche Heldentaten einfließen zu lassen, etwa wenn Spartacus' Männer sich mit Weinranken von einem Berg abseilen, auf dem ein römischer Feldheer sie festgesetzt hat (Florus zufolge ist es der Vesuv), und dem Feind in den Rücken fallen. (Auch Florus erwähnt diesen Teil, aber weniger blumig.)
Dafür finden sich bei Plutarch kaum Hinweise zur Größe des Heeres.

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Ganz anders bei Appian, der mit Zahlen nur so um sich wirft. Zur Größe von Spartacus' Heer fallen immer wieder Zahlen zwischen 60.000 und 70.000 Mann.
Bei Florus wandelt sich die Größe von 10.000 Mann zu einem „Stehenden Heer“ – was nur eine vage Deutung zulässt. Zur Zeit, als Florus diese Worte niederschrieb, umfasst das römische Heer knapp 380.000 Mann, wobei der größte Teil davon Hilfstruppen waren, die vermutlich nicht gemeint sein würden. Was immer noch gut 155.000 Mann in den Legionen der Römischen Armee übrigließe.
Kurz: Die Zahlen schwanken stark.

Es ist also nicht einfach, einem Film wie SPARTACUS historische Fehler nachzuweisen, wenn die Quellen selbst sich nicht einig sind, und wenn sie selbst nur fiktionalisierte und politisch gefärbte Wiedergaben eines zwar besonderen, aber eben nicht einzigartigen Aufstandes sind.
Vielleicht sollte man also von solchen Gedanken abweichen, dass ein Film wie SPARTACUS historisch korrekt sein müsse. Oder könne.

Schon vor 2000 Jahren entfacht Spartacus die Fantasie der Historiker und Chronisten, und mit Sicherheit auch die Erzähler im Alltag. Wieso sollten wir es da anders handhaben? Spartacus ist, wenn auch eine historische Persönlichkeit, vor allem eine Idee, die jeder Zeit das gibt, was sie darin sehen will. Für uns ist Spartacus der Inbegriff sozialer Gerechtigkeit, von Freiheitsdrang und Menschenwürde. Und all das steckt in seiner Geschichte auch drin: Liebe, Freiheit, Brüderlichkeit und der ewige Kampf gegen Unterdrückung.

Lasst sie uns so erzählen, dass sie fesselt, dass sie berührt, und dass sie uns eine Lehre ist. Dass wir alle Spartacus werden. Die Geschichte bietet so wenig Helden an, mit denen das möglich ist, dass man die wenigen, die es gibt, ruhig so wiedergeben kann, dass sie uns inspirieren – ob nach hundert Jahren, nach tausend, oder nach zweitausend.

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